Der STANDARD-Podcast über Geld
00:00:00: Willkommen zu "Lohnt sich das" der Standard-Podcast über Geld.
00:00:21: Ich bin Natascha Ickert.
00:00:22: Das Thema heute lohnt es sich, arbeitslos zu sein.
00:00:25: Das ist vielleicht eine freche Frage, aber in den letzten Monaten kam die Diskussion
00:00:29: immer wieder hoch.
00:00:30: Deswegen habe ich eine Gäste eingeladen, die ganz öffentlich in Social Media ihr Leben
00:00:34: als Arbeitslose präsentiert.
00:00:36: Viele sehen Arbeitslosengeld nur als Überbrückung, sie hat daraus eine Marke gemacht.
00:00:41: Ihr Name ist Nadine Wagner oder wie sie selbst nennt die Info-Lenzerin, manchmal auch Sozialschmalrotzerin.
00:00:47: Sie ist 34, Akademikerin und hat über 10 Jahre Erfahrung im Online-Marketing.
00:00:52: Vor einem Jahr hat sich ihr Leben aber dann komplett verändert, denn sie wurde gekündigt.
00:00:56: Seitdem macht sie kurze Videos darüber, wie es ist, arbeitslos zu sein.
00:00:59: Und so viel können wir schon mal verraten, sie bekommt dafür ziemlich viel Hate, aber
00:01:03: auch ziemlich viel Zustimmung in sozialen Medien.
00:01:06: Nadine zeigt uns, wie man scheinbar faul durchs Leben kommt und trotzdem spannende Dinge erlebt.
00:01:10: Wir sprechen über ihren brotlosen Alltag und die Frage, ob sich Faulheit irgendwie
00:01:14: auszahlt.
00:01:15: Wie denkt sie über Geld, Zeit und Freiheit?
00:01:17: Also heißt es jetzt, für euch, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer zurückzuhören und vielleicht
00:01:21: ein bisschen die eigene Pause-Taste drücken.
00:01:24: Ja und damit herzlich willkommen Nadine, schön, dass du da wirst und Zeit hast.
00:01:27: Vielen, vielen lieben Dank für die Einleitung und die Einladung, Einleitung und Einladung.
00:01:31: Es ist für mich aber ganz aufgeregt geworden, tatsächlich.
00:01:34: Sehr gut, das ist nie schlecht.
00:01:37: Bevor wir tief ins Thema einsteigen, hier ein wichtiger Hinweis.
00:01:40: Es lohnt sich uns auf Spotify, Apple Podcast oder wo auch immer ihr Podcast hört zu abonnieren,
00:01:44: dann verpasst ihr nie eine neue Folge.
00:01:47: Gleichmal das erste Frage, vielleicht um das Provokant, aber du bezeichnest dich in einem
00:01:51: Video als Sozialschmalrotzerin.
00:01:53: Wieso?
00:01:54: Ich bediene mich ganz bewusst gesellschaftlicher Klischees, um ein wenig zu triggern.
00:01:59: Darf man das so ehrlich sagen, ja oder?
00:02:01: Nass, sicher.
00:02:02: Ich denke schon.
00:02:03: Fangen wir ganz von hinten an, ich glaube, es ist fast genau ein Jahr her, dass du gekündigt
00:02:07: wurdest und was waren denn so deine ersten Gedanken, als dir das sozusagen passiert ist?
00:02:12: Ich würde sagen, der Tag der Kündigung war mit der schlimmste aus den vergangenen letzten
00:02:18: 300 Tagen.
00:02:19: Es waren viele verschiedene Emotionen, die da in mir hoch kamen, das war wuh, trauer.
00:02:25: Man fühlt sich unfair behandelt, es macht was mit dem eigenen Ego, weil man sich so
00:02:29: denkt, okay, mir wurde gekündigt, anscheinend bin ich nicht gut genug, auch wenn es eine
00:02:32: betriebsbedingte Kündigung war.
00:02:34: Da hätte ja auch jemand anderen aus dem Team treffen können, aber es hat dich getroffen,
00:02:37: scheinbar bist du einfach nicht gut genug, solche Gedanken kommen auf.
00:02:41: Und bei mir war es aber auch so ein bisschen ein, ja, vielleicht passiert das hier alles
00:02:45: aus einem Grund, weil ich war nie wirklich glücklich in meinem 9-to-5-angestellten Verhältnis.
00:02:51: Ich mochte meinen letzten Arbeitgeber wirklich sehr, sehr gerne, das war die erste Stelle,
00:02:55: wo ich wirklich gerne gearbeitet habe, trotzdem war es nach Feierabend oft ein, das machst
00:02:59: du jetzt für die nächsten 50 Jahre deines Lebens und das ist das Leben, dafür wurdest
00:03:03: du geboren.
00:03:04: Also es war oft, ja, so eine Sinnfrage am Ende des Tages und dann dachte ich, hey, vielleicht
00:03:09: habe ich es mir auch schön geredet, aber ich dachte mir, komm, vielleicht ist das ein Zeichen
00:03:11: vom Universum, dass du dich jetzt einfach mal aufraffst und das machen würdest, was dir
00:03:16: wirklich Spaß macht.
00:03:17: Und ja, ich habe es noch ein bisschen als sommerliche Navität abgestempelt damals, weil ich wurde
00:03:22: Ende August gekündigt.
00:03:23: Das heißt, ich bin auf meine Lieblingsmonate zugegangen mit einer 3-monatigen Freistellung,
00:03:27: das war natürlich auch toll.
00:03:28: Ich konnte noch vor den Berlin-Marathon damit in Ruhe trainieren und ja, da war dann gar
00:03:34: nicht groß irgendwie, ja, war auch irgendwo eine Erleichterung ein, hey, vielleicht, alles
00:03:38: passiert aus dem Grund und es war auch die dritte Kündigungswelle, die ich in dem Unternehmen
00:03:42: miterlebt habe.
00:03:43: Und die erste habe ich miterlebt, da war ich gerade mal ein halbes Jahr in dem Unternehmen.
00:03:48: Das hat schon so einen üblen Geschmack hinterlassen und ja, das war dann halt eben der Befreiungsschlag.
00:03:53: Jetzt hat es halt dich getroffen beim dritten Mal, hast du halt nicht standgehalten und
00:03:57: ja.
00:03:58: Hast du dich damals über deine Arbeit auch irgendwie definiert?
00:04:00: Nein, gar nicht.
00:04:03: Deswegen hatte ich auch keine Identitätskrise.
00:04:06: Aber ich kann jetzt ein Stück weit nachentwinden, eventuell, wie sich das anfühlt, weil ich
00:04:11: hatte ja einen Unfall, mir ist die Kniescheibe rausgesprungen und tatsächlich habe ich durch
00:04:15: diesen Unfall jetzt eine extreme Identitätskrise, weil der Sport wegfällt und ich habe mich
00:04:20: sehr eher durch meine Hobbys identifiziert.
00:04:22: So, ich bin die Sportlerin, ich bin Läuferin, ich gehe gerne ins Fitnessstudio und das kann
00:04:25: ich jetzt alles nicht machen.
00:04:26: Und da habe ich zum ersten Mal, dass ich jetzt hier saß im Wohnzimmer und dachte, hey,
00:04:29: wer bin ich denn jetzt noch ohne das Laufen?
00:04:31: Also ich kann jetzt ein Stück weit mehr die Leute nachvollziehen, die sagen, wer bin ich
00:04:35: jetzt ohne Arbeit?
00:04:36: Ich persönlich habe mich, wie gesagt, nicht durch die Arbeit identifiziert.
00:04:39: Ich war halt Content-Editor, so, das war meine Tätigkeit, aber ich habe mich jetzt nicht
00:04:44: so definiert.
00:04:45: Und dann hast du angefangen, dann Videos darüber zu machen.
00:04:48: Also jetzt bist du ja fast täglich, glaube ich, oder täglich, weil du nicht postest Videos
00:04:52: über deinen brotlosen Alter, wie du es selbst nennst.
00:04:54: Ich wollte anfangs eigentlich in einer ganz anderen Nische, Sporternährungszyklus, das
00:04:58: sind so Themen, die mich persönlich sehr interessieren, wo ich Bock hätte, einen Mehrwert
00:05:02: zu bieten.
00:05:03: Und sporadisch habe ich dann auch ein bisschen etwas über meine Arbeitslosigkeit erzählt
00:05:05: und der Content kam halt viel, viel besser an.
00:05:07: Ich meine, ein Sporternährungszyklus, der Markt ist überlaufen, da hast du echt keine
00:05:10: Chance mehr.
00:05:11: Es sei denn, du machst da sowas grandios anders, dass du da auffällst in der Nische als New
00:05:16: Kammer auch noch.
00:05:17: Und ja, dadurch bin ich dann in der Nische Arbeitslosigkeit geblieben und so hat dann
00:05:21: alles irgendwie so seinen Lauf genommen.
00:05:23: Also ich habe mich nicht strategisch an Tisch gesetzt abends und dann irgendwie zehn Tage
00:05:28: eine Strategie entwickelt im dunklen Kämmerlein und bin dann mit einer Contentplanung rausgegangen,
00:05:33: sondern ja, das ist im Machen entstandend.
00:05:36: Daran merkt man dann ja auch, was funktioniert gut und was kann ich gut und kann sich dann
00:05:40: auch überhaupt erst in dem Content weiterentwickeln, sodass er immer besser wird.
00:05:43: Hattest du im Hinterkopf eigentlich schon, dass du damit selbstständig werden könntest
00:05:47: oder noch nicht zu dem Zeitpunkt?
00:05:49: Mit Social Media wollte ich auf jeden Fall mich selbstständig machen.
00:05:53: Das war nach der Kündigung relativ schnell klar.
00:05:55: Ich habe auf Minijobbasis, war ich schon mal Social Media Manager und es hat mir echt
00:05:58: Spaß gemacht.
00:05:59: Und ich habe da auch eine Community von Null auf 30.000 aufgebaut und dachte mir, wenn
00:06:03: du das für ein Unternehmen schon mal geschafft hast, dann schaffst du das für deine eigene
00:06:06: Marke sicherlich nochmal.
00:06:08: Daran habe ich ganz doll geglaubt und dass es dann aber die Arbeitslosennische wird.
00:06:12: Damit hätte ich nicht gerechnet, aber ironischerweise ist die erfolgreichste Nische, die ich hätte
00:06:16: wählen können, genau mein Humor.
00:06:19: Und ja, jetzt stecke ich da irgendwie so drin, aber es macht wahnsinnig viel Spaß.
00:06:23: Man kann da genau so viel Mehrwert weitergeben wie in den Sporternährung, Zyklus-Themen.
00:06:28: Ich kriege sehr viel tolles Feedback, sehr viel auch schlechtes Feedback oder negative
00:06:31: Kommentare.
00:06:32: Aber ich glaube, das geht mir jetzt nicht irgendwie nahe oder so, dass ich da auch negative Kommentare
00:06:38: bekomme.
00:06:39: Ja, da sprechen wir nachher auf jeden Fall noch drüber, weil das ist schon ein großer
00:06:43: Punkt, glaube ich.
00:06:44: Aber vielleicht noch mal zur Stigmatisierung von Arbeitslosigkeit.
00:06:47: Also du meinst, du hast dich zumindest nicht über den Job definiert, das heißt schon mal
00:06:50: keine Sinnkrise.
00:06:51: Das ist ja schon mal gut.
00:06:52: Aber trotzdem ist es ja dann so, dass wenn man arbeitslos ist, endet man von selbst, sich
00:06:56: irgendwie vielleicht schlecht fühlt oder auch das Umfeld etwas anders reagiert.
00:07:00: Wie war das denn bei dir?
00:07:01: Ich konnte sehr gelassen damit umgehen, vielleicht auch, jetzt hole ich vielleicht ein bisschen
00:07:06: zu weit aus.
00:07:07: Mein XX-Arbeitgeber, der hat mir während Corona-Aufhebungsverträge hingelegt.
00:07:11: Das heißt, ich hatte da schon erste Berührungspunkte mit, ein Arbeitgeber will mich nicht.
00:07:15: Das war echt eine beschissene Situation, wenn ich daran zurückdenke, weil es war auch noch
00:07:19: während Corona.
00:07:20: Also wir waren da alle eh so unsicher unterwegs, so okay, Pandemie, was heißt das jetzt für
00:07:24: uns alle?
00:07:25: Sind wir alle bedroht von Arbeitslosigkeit?
00:07:26: Wird alles teurer?
00:07:27: Was können wir uns noch leisten?
00:07:28: Und ich war dann halt diejenige, die Aufhebungsverträge hingelegt bekommen hat und vielleicht war ich
00:07:32: deswegen schon so ein bisschen abgedroschener, als es dann die betriebsstündigte Kündigung
00:07:36: zweieinhalb Jahre später gab.
00:07:37: Weil mein XX-Arbeitgeber wäre mir das sehr peinlich gewesen.
00:07:40: Ich war eben ein bisschen abgedroschener schon im letzten Jahr August und konnte sehr gelassen
00:07:44: damit umgehen.
00:07:45: Eben auch, weil ich es als Zeichen gesehen habe und keine Ahnung.
00:07:49: Dementsprechend war auch zum Beispiel meine Eltern sehr gelassen, weil ich konnte denen
00:07:53: das sehr sachlich schildern, so hey, ich wurde jetzt gekündigt, so und so sieht es aus.
00:07:56: Ich glaube, hätte ich die unter Tränen angerufen und so, scheiße, ich wurde gekündigt und
00:08:00: mein, wenn ich Arbeitslos wäre, dann im Dezember dann hätten die wahrscheinlich auch anders
00:08:03: reagiert.
00:08:04: Es sind jetzt viele alte Studienkollegen oder auch von der Schule oder so auf mein Account
00:08:09: aufmerksam geworden, haben mich angeschrieben, so cool was du machst und so weiter.
00:08:13: So ein Feedback kriegt man dann zum Beispiel von Leuten, wo du ewig nichts mehr gehört
00:08:17: hast.
00:08:18: Aber ansonsten habe ich da gar nicht groß mit Leuten drüber geredet, so hey, ich wurde
00:08:21: gekündigt und ich mache jetzt Instagram oder TikTok.
00:08:23: Das steht ja in meiner Bio, wenn man auf Social Media guckt, aber ich habe das jetzt nicht
00:08:27: groß mit irgendwem geredet und mir da irgendwie, so wie findest du das, dass ich das jetzt
00:08:32: mache oder so?
00:08:33: Nee, das habe ich gar nicht.
00:08:34: Und hast du danach eigentlich einfach mal nichts gemacht oder hast du sofort angefangen
00:08:39: einen Job zu suchen, weil eigentlich die Behörden wollen ja eigentlich, dass man sofort Bewerbungen
00:08:45: schreibt und so ganz aktiv ist, sich wieder einen neuen Job zu suchen, wie bist du daran
00:08:49: gegangen?
00:08:50: Ich habe sofort an meiner Social Media Karriere gearbeitet, wenn man so will, von August bis
00:08:56: Ende November war ich ja eh Arbeitssuchen per Definition, weil ich war freigestellt,
00:09:00: also ich habe noch mein reguläres Gehalt bekommen und galt dann eben erst ab Dezember
00:09:04: offiziell arbeitslos und da ging es dann eben auch los, dass du bestimmte Bedingungen erfüllen
00:09:10: musst, wie eben Nachweise erbringen, dass du dich beworben hast.
00:09:13: Ich empfinde es aber als extrem locker.
00:09:17: Also ich dachte mir, wenn ich da zur Agentur zur Arbeit gehe und mich arbeitslos melde,
00:09:22: dass ich 100 pro, keine Ahnung, gefragt werde, aha, sie wurden Ende August gekündigt und
00:09:26: jetzt waren sie ja freigestellt.
00:09:27: Dann haben sie dann an Bewerbung geschrieben in den letzten drei Monaten, denken sie ihnen
00:09:31: steht Arbeitslosengeld.
00:09:32: Also ich dachte das.
00:09:33: Aber ich glaube, das ist einfach so eine Schreckungsvorstellung, die man generell hat, wenn man Arbeitsamt hört
00:09:38: und auch generell Behörde und arbeitslos, oh Gott, muss ich mich rechtfertigen, warum?
00:09:42: Und nee, der Job von den Leuten ist es, deinen Antrag zu prüfen, zu benehmigen oder abzulehnen
00:09:47: unter bestimmten Gründen eben und ja, da ist niemand irgendwie fies zu dir, sie wurden
00:09:52: gekündigt und sie haben keine Bewerbung geschickt in den letzten Monaten, nie gar nicht.
00:09:56: Das ist ja auch eine Versicherungsleistung, anders im Vergleich zur Bürgergeld steht
00:09:59: ihr also für den Verlust des Arbeitsplatzes zu und klar, also Bewerbung weiß ich nach
00:10:04: beispielsweise und halt mich auch sonst an die Regeln wie Ortabwesenheit.
00:10:09: Aber du machst ja Videos darüber und sagst ja auch, ich bin so und so, wie taggerarbeitslos
00:10:13: und dann hast vielleicht dein Leben, dass manche Menschen vielleicht gar nicht mit Arbeitslosigkeit
00:10:18: verbinden.
00:10:19: Also du gehst ins Café oder du joggst eben oder hast den Hund zugelegt und du hast dafür
00:10:23: auch ziemlich viel Hass bekommen, würde ich jetzt mal sagen, ist dir da irgendwie ein
00:10:27: Kommentar noch hängengeblieben, der dich irgendwie zum Nachdenken gebracht hat oder prallt
00:10:31: das alles in dir ab?
00:10:32: Also wenn man Social Media machen will, dann sollte man sich ein dickes Fell zulegen, weil
00:10:36: es wird immer Leute geben, die dich total blöd finden und die dich das auch spüren lassen
00:10:41: mit ihren Kommentaren.
00:10:42: Ich könnte auch glaube ich jeden Tag Gändelblümchen hochladen und da würde auch Leute kommen,
00:10:45: die das total lieblich beleidigen, wenn sie denn wollen.
00:10:47: Deswegen genau, da muss man drüber stehen.
00:10:49: Bei meinem ersten Vlog, den ich hochgeladen habe auf Instagram, der ist sehr schnell
00:10:54: sehr viral gegangen, wo ich gar nicht mit gerechnet habe und da war auch gar nicht meine
00:10:57: Intention zu Triggern.
00:10:58: So, ich guck gerne Vlogs, ich finde das ganz cool, so einen Einblick zu bekommen, so ein
00:11:02: bisschen Big Brother-Like, was machen andere Leute so an ihrem Tag, ich wollte das auch
00:11:05: gerne machen.
00:11:06: Und da sind so viele negative Kommentare reingegangen, das gar nicht verstanden habe, wo ich dann
00:11:12: aber dachte, okay, ich treffe anscheinend einen Nerv, bleib einfach dran und du triggerst
00:11:16: jetzt absichtlich.
00:11:17: Also insofern, die Hate-Kommentare ja auch ganz gut gewesen, weil die mir so ein bisschen
00:11:21: den Weg vorgegeben haben, was trifft gerade den Nerv, was ist anscheinend gerade, geht
00:11:26: in den Leuten vor, wo kamst du irgendwie, wie waren von Bista, es gab Cotton Miley's,
00:11:31: es gab, du bist faul, gearbeiten, wie kann man in so einem Leben oder in dem jungen Leben
00:11:35: schon arbeitslos sein.
00:11:37: Ich verstehe schon, warum sie gekündigt wurde, das trifft einen vielleicht ein bisschen eher,
00:11:41: weil man sich so denkt, okay, was ist jetzt mit mir falsch, was hast du jetzt in dem Video
00:11:43: entdeckt, dass man anscheinend nicht mit mir arbeiten will, eher heftiger, also nicht
00:11:48: beleidigend, aber dachte ich mir schon, okay krass, war ein Kommentar vor einer Woche.
00:11:52: Ich hoffe, wenn du über die Straße gehst, wirst du überfahren.
00:11:54: Oh, das wird irgendwie auch so, okay, alles klar.
00:11:58: Ja, aber insofern, ich sehe es dann positiv, jeder Kommentar ist gut für ein Algorithmus
00:12:02: und aus den Kommentaren lässt sich dann auch wieder Content machen und wie gesagt,
00:12:06: geben dir ja irgendwie den Weg vor, was ist anscheinend, wenn der Kommentare kommt, du
00:12:10: bist faul, daran merkt man ja, dass wir anscheinend für eine Leistungsgesellschaft haben, dass
00:12:14: der Wert eines Menschen an Arbeit gekoppelt ist und daraus lässt sich dann zum Beispiel
00:12:17: auch wieder Content machen, indem man das aufgreift und einfach mal darüber spricht über Faulheit
00:12:21: und Arbeitslosigkeit.
00:12:23: Ja, bleiben wir gleich mit dabei.
00:12:24: Warum glaubst du, dass die Leute so derartig negativ reagieren auf das, was dir eigentlich,
00:12:29: wie gesagt, zugesteht, also man hat seinen Job verloren, kommt eben Arbeitslosengeld?
00:12:33: Ich bin wahrscheinlich nicht ganz unbeteiligt, weil mein Content ist ja sehr provokant, ich
00:12:36: spiele ja sehr mit Klischees, aber diese Klischees, die sind ja komplett in unseren Köpfen verankert,
00:12:41: ich bin davon auch nicht gefreut, wenn ich den Begriff Arbeitslosigkeit oder Arbeitslose
00:12:46: höre.
00:12:47: Ich habe in den Millisekunde einen abgeranzten Typen in einer Platte vor meinem inneren Auge,
00:12:51: der an einem Fliesentisch sitzt und raucht und den ganzen Tag Chips ist und sich dahin
00:12:55: fläht und sagt nur, ich will gar nicht arbeiten, mir geht es gut und der die ganze Zeit irgendwie
00:12:58: nur Asi-TV guckt, das wurde ja irgendwie so geprägt, also wenn ich jetzt, ich spreche
00:13:02: jetzt von mir, früher Nachmittags so RTL angemacht haben oder so, das Nachmittagsprogramm
00:13:07: war ja voll von diesem klassischen Asi-TV und die Leute, die man da gesehen hat, die
00:13:12: galten ja irgendwie so als abschreckendes Beispiel, wo man da saß, sich belustigt hat
00:13:15: vom Fernsehen, aber auch so dachte, boah, nee dazu will ich nie gehören, die sind ja total
00:13:19: asozial, furchtbar, nee, nee, nee, nee, wir müssen hier arbeiten gehen, Arbeit ist,
00:13:24: wir wollen gar, gar keinen Fall arbeitslos sein, so wie gesagt kann nur von mir spreche ich
00:13:28: nicht glaube, das Bild meiner Meinung nach, das vom Sozialschmarotzer, vom klassischen,
00:13:32: das hat uns alle doch sehr geprägt und auch dieses Arbeit ist eine Tugend, was noch sehr
00:13:37: in den Köpfen von unseren Eltern, Babyboomer sind das glaube ich die Generation, die haben
00:13:41: uns natürlich auch irgendwo mitgegeben, was es sehr wichtig ist, schnell zu arbeiten,
00:13:46: früh zu arbeiten, viel zu arbeiten und nur so führt man ein vernünftiges Leben.
00:13:51: Hattest du diese Entstellung zu unserem Leistungsdruck und unsere Arbeitsgesellschaft
00:13:55: schon vorher oder hat sich das dann in der Zeit entwickelte danach?
00:13:58: Ich glaube, das hat sich so ein bisschen schleichend entwickelt bei meinem ersten Job, den ich hatte.
00:14:03: Ich habe Journalismus und Unternehmenskommunikation studiert und in dem Studium musste ich einen
00:14:07: Pflichtpraktikum machen und ich bin da bei einer SEO-Agentur gelandet, die haben mich
00:14:11: nach dem Praktikum als Werkstudentin übernommen und nachdem ich den Wetschler abgegeben habe,
00:14:14: hatte ich dann meine erste Vollzeitstelle oder Teilzeitstelle, ich weiß es gar nicht mehr
00:14:18: und es war halt meine einzige Qualifikation, die ich auf dem Lebenslauf hatte, SEO.
00:14:21: Das heißt, mein nächsten Job, den ich mir gesucht habe, war ebenfalls "Seo-Managerin".
00:14:25: Und ich habe mich damit irgendwie so gefügt, ich dachte, ja, jeder geht ja irgendwie ins Büro und ich mache halt eben "Seo, muss das Spaß bringen?
00:14:30: Ne, muss ja gar keinen Spaß machen. Geht ja nur ums Geld am Ende des Tages."
00:14:34: Und ich habe dann doch innerhalb von, ich weiß nicht, spätestens einem Jahr war das, glaube ich, wo ich gemerkt habe, nie.
00:14:40: Das ist so wichtig, dass es dir Spaß macht, weil du gehst daran, sonst wirklich kaputt.
00:14:44: Weil, ja, ich dachte am Anfang, ne, du bist acht Stunden im Büro, danach hast du ja Zeit für Dinge, die dir Spaß machen.
00:14:49: Aber wenn du den ganzen Tag was machst, was dir nicht Spaß macht, es schlaucht dich nach Feierabend so krass,
00:14:54: dass du auch gar keinen Bock mehr hast auf Sachen, die dir Spaß machen und die dich erfüllen.
00:14:57: Und das heißt, ich glaube, ich hatte dann sehr früh so den Kaffee auf und habe mir sehr auf diese Sinnfrage gestellt.
00:15:04: Gehen wir vielleicht nochmal aufs Geld. Das ist ja ein Podcast über Geld.
00:15:07: Du hast in einem Video auch gezeigt und mal zusammengerechnet, wie viel du annimmst und wie viel du ausgibst.
00:15:14: Und wir spielen das jetzt hier mal kurz ein.
00:15:17: Ich heiße Nadine, ich beziehe Arbeitslosengeld und heute präsentiere ich mein Haushaltsbuch vom letzten Monat.
00:15:21: Die große Frage, hat sie über ihre Verhältnisse gelebt oder nicht?
00:15:25: -Hat sie. -Das meinst du? -Ja.
00:15:27: Ich beziehe ein Arbeitslosengeld in Höhe von 1.667 Euro, meine Fixkosten liegen bei 1.020 Euro.
00:15:34: Das heißt, 647 Euro bleiben für Spaß übrig.
00:15:38: Drogerie und Apotheke habe ich 30 Euro gelassen.
00:15:40: Für Lebensmittel, ich war positiv überrascht, möchtest ein Tipp abgeben?
00:15:43: -300? -348.
00:15:46: Für Essensbestellungen bin ich vom Stuhl gefallen.
00:15:48: Da waren ein paar Essensbestellungen dabei, die hätten nicht sein müssen, da war ich einfach schlecht organisiert.
00:15:52: -Das nächste Neues. -Was ist deine?
00:15:55: -200? -194.
00:15:57: -Habe ich gut gerechnet, die 200. -War ein Essel, 44 Euro.
00:16:00: Dann fließt da auch noch rein der Kaffee, den ich dir spendiert habe.
00:16:03: -Oha. Oha. -Ich habe doch alles aufgeschrieben.
00:16:06: -Hey, sie meinst ja.
00:16:08: So, der Kund, das ganze Zubehör und Futter usw. hat 261 Euro gekostet.
00:16:12: Die Schutzgebühr wäre in Höhe von 490 Euro gewesen, die hat aber meine Mutter übernommen.
00:16:17: Nicht, weil ich arbeitslos bin, sondern weil sie mir mein Versprechen gemacht hat.
00:16:20: Sonstiges, Reinigung, ich musste mich ins Hunderregister eintragen, Blumen und die Gewerbeanmeldung 78 Euro.
00:16:26: Er gibt insgesamt 955 Euro.
00:16:29: Das heißt, ich habe 308 Euro über meine Verhältnisse gelebt.
00:16:33: Und so, liebe Leute, verschuldet man sich selbst.
00:16:36: Ganz schnell, ohne dass man es merkt.
00:16:38: -Wir sehen uns. -Wir sehen uns.
00:16:40: Also zusammengefasst hast du 1667 Euro bekommen und hast aber ungefähr 1975 Euro ausgegeben.
00:16:50: Also hast du ca. 300 Euro über deinen Verhältnissen gelebt in Anführungszeichen.
00:16:54: Ging dir das in den anderen Monaten auch so und hast du dann irgendwie deinen Verhalten verändert?
00:16:59: Oder wie ging es dir auch in der Zeit damit?
00:17:01: Musstest du dein Leben sozusagen verändern, weil du jetzt vielleicht weniger Geld hattest?
00:17:06: Es war ein besonderer Monat, weil das waren noch Hundeanschaffungskosten.
00:17:09: Deswegen war ich da ein bisschen drüber.
00:17:10: Während die nicht gewesen, dann wäre es wirklich glatt aufgegangen.
00:17:13: Das war der erste Monat, wo ich Haushaltsbuch geführt habe naiverweise.
00:17:17: Ich habe den Monat genauso gelebt wie die Monate davor.
00:17:20: Deswegen schätze ich, Pimal Daumen sind auch die anderen Monate so aufgegangen.
00:17:24: Genau, ich habe auf jeden Fall zurückgeschraubt.
00:17:28: Ich war sonst jemand, der sehr gerne Klamotten gekauft hat von Nike.
00:17:31: Jeden Monat in SportbH oder eine Teiz oder so.
00:17:33: Das ist so mein guilty pleasure, ich liebe Sportklamotten.
00:17:36: Und das habe ich seit der Kündigung, habe ich ungelogen.
00:17:38: Ich habe wirklich gar nichts ausgegeben.
00:17:40: Ich habe einmal, als ich dann selbstständig gearbeitet habe,
00:17:43: meine ersten Einnahmen hatte, durch eine Kooperation.
00:17:45: Da habe ich mir was gegönnt, da habe ich mir was gekauft.
00:17:47: Aber ansonsten die anderen Monate, wirklich von heute auf morgen.
00:17:49: Ich dachte, es wird dir bestimmt schwerfallen.
00:17:51: Ich hoffe, die bringen keine schönen Sachen raus.
00:17:53: Ich habe aber wirklich kein einziges Mal in die Zalando-App oder Nike-App oder so geguckt.
00:17:57: Das sind halt Luxusprobleme, ne?
00:17:59: Brauchst du Klamotten? Nein.
00:18:00: Aber da habe ich auf jeden Fall trotzdem zurückgesteckt.
00:18:03: Bei manchen anderen Sachen, so Ernährung ist mir sehr, sehr wichtig.
00:18:06: Ich habe auch aus einer Faulheit, hätte man sich sparen können,
00:18:08: habe ich Essen bestellt, ja, mein Gott.
00:18:11: Aber ansonsten habe ich schon darauf geachtet,
00:18:13: dass ich jetzt nicht zu unnötige Kosten habe und wirklich einfach nur Geld für Basics ausgebe.
00:18:18: Ja, also das hat sich angemassen die Waage gehalten.
00:18:21: Aber hast du in der Zeit irgendwie auch drüber nachgedacht?
00:18:24: Ah, was ist denn jetzt, wenn ich in Rente gehe?
00:18:26: Das ist ja irgendwie eine Zeit, die verloren ist, in Anführungszeichen oder auch Rücklagen und so.
00:18:31: Das sind ja auch manchmal Überlegungen.
00:18:33: Rücklagen habe ich, bei meinem letzten Job habe ich ziemlich gut verdient,
00:18:37: dementsprechend auch hohes Arbeitsosengeld.
00:18:39: Das hat es mir erlaubt, Rücklagen aufzubauen, sehr zu meinem Glück.
00:18:43: Ich bin aber jemand naivweise, ich denke überhaupt nicht an die Zukunft.
00:18:48: So kenne ich mich selber nicht, weil ich hatte früher Arkexistenzängste,
00:18:51: weil zum Beispiel in meinem ersten Job ich habe wirklich schlecht verdient.
00:18:53: Das waren ein, sechs in der Tour.
00:18:55: Und da bin ich vorne und hinten damals nicht zurechtgekommen oder waren sogar noch weniger, egal.
00:18:59: Und da kam zum ersten Mal so Existenzängste auf,
00:19:01: weil mit eins, sechs, wenn du damals war ich noch ein bisschen unternehmenslustiger,
00:19:04: wenn man da gerne ausgeht und so weiter, dann bist du ganz schnell drüber über Rente und so weiter.
00:19:10: Um sich zu geben, hab ich mir keine Gedanken gemacht,
00:19:13: weil ich finde es so krass, dass man dauernd anscheinend dann nur in der Zukunft lebt
00:19:18: und sich Gedanken macht, oh Gott, was ist, wenn ich älter bin?
00:19:20: Was ist, wenn man guckt jetzt schon aufs Geld und muss darauf achten,
00:19:22: okay, was ist, wenn ich im nächsten Monat nicht genug habe?
00:19:25: Was ist, wenn und dann soll ich noch 50 Jahre im Voraus denken.
00:19:28: Das schaffe ich nicht.
00:19:29: Ja, ist vielleicht total blöd wahrscheinlich zu viele Zuhörer, die das hören und sich über den Kopf schlagen.
00:19:37: Aber ich finde es wichtig, weil wir sehr oft Expertinnen da haben, die über Vorsorge reden
00:19:42: und dann habe ich immer den Idealfall irgendwie skizzieren.
00:19:45: Es gibt aber genügend Umfragen, die genau das bestätigen, was du gerade gesagt hast.
00:19:49: Deshalb finde ich das so wichtig, dass sich sehr viele Leute eben darüber keine Gedanken machen
00:19:54: oder eben nicht die ganze Zeit nicht den Idealfall leben.
00:19:58: Deshalb finde ich das irgendwie sehr wichtig, auch mal eine normale Stimme zu hören.
00:20:02: Unter einem Video, also hast du eh schon gesagt, das ist relativ hoch dein arbeitsloses Geld
00:20:06: von 1600 oder 1700 ungefähr pro Monat und eine Person hat drunter gepostet,
00:20:11: dass sie findet, dass es viel zu viel ist und warum sie dann überhaupt noch arbeitet.
00:20:16: Es gibt wahrscheinlich hoffenweise von denen.
00:20:18: Lässt sich das kalt oder hast du da mal drüber nachgedacht?
00:20:21: Was mir dazu einfällt, ist eher, also klar tut es schon weh, wenn ich mir so denke,
00:20:27: jemand geht 40 Stunden arbeiten und hat das raus, was ich bekomme, fürs nichts tun,
00:20:31: zeigt aber eher, wie unterbezahlt viele Jobs noch sind.
00:20:34: Ich hatte auch in einem anderen Video gesagt, ich möchte einen Job haben, wo ich 60.000 verdiene.
00:20:37: Also ich habe im letzten Job 55.000 oder 53.000 verdient.
00:20:41: Ein Wechsel ist ja immer gut, um nochmal mehr zu verdienen.
00:20:44: So deswegen, warum jetzt nicht nochmal 5.000 Euro brutto mehr im Monat.
00:20:48: Drunter will ich auch gar nicht und da kam auch sehr viel, dass sei unverhältnismäßig
00:20:53: und ich denke mir so, nee, also alles wird teurer da draußen.
00:20:56: Klar ist jetzt kein Argument, dass ich jetzt mehr verdienen muss, aber irgendwo auch schon.
00:21:00: Weil ich habe noch das Glück, dass ich geringe Fixkosten habe, aber würde ich jetzt umziehen
00:21:04: und hätte plötzlich eine Miete von 1.500, was da draußen marktüblich ist.
00:21:07: Und keine Ahnung, da muss ich ja auch irgendwie mitkommen.
00:21:10: Und es ist einfach nicht attraktiv, wenn man auf Indik guckt.
00:21:12: Und man sieht dann so eine Gehaltsspanne, 38.000 bis 46.000.
00:21:16: Und ich soll 40 Stunden dahin gehen und arbeiten und gebe meinen Großteil an Lebenszeit auf.
00:21:20: Und ja, deswegen ist es eher, wenn ich so höre, ich verdiene nur 1.500 im Monat
00:21:26: und wie unfair ist das ja, als unfair, dass ich 1.600 tun bekomme.
00:21:29: Aber es ist eher ein strukturelles Problem, weil es kann nicht sein, dass Jobs immer noch
00:21:33: so scheiße bezahlt sind, dass eine Arbeitslose mehr raus hat, als jemand, der 40 Stunden
00:21:37: die Woche arbeitet.
00:21:38: Ja, ist glaube ich ein wichtiger Punkt.
00:21:40: Viele Menschen träumen ja von mehr Freizeit, aber scheuen irgendwie die finanziellen Folgen
00:21:44: oder haben halt Angst, dass sie dann so wenig Geld haben.
00:21:46: Was bekommt man so deiner Erfahrung nach zurück, wenn man sich bewusst für, sagen wir mal,
00:21:51: weniger arbeiten oder eben eine Pause entscheidet oder eben den 9-to-5-Job abschwört?
00:21:56: Mehr Lebensfreude, ich kann aber nicht für jeden sprechen.
00:21:59: Also wenn jetzt jemand zuhört, eine allein erziehende Mutter, die Teilzeit arbeitet,
00:22:03: weil sie sonst das mit den Kindern nicht unter einen Hut bekommt und die hört jetzt hierzu
00:22:06: und ich sage dann hier, ja, weniger arbeiten, total toll, du kriegst Lebensfreude zurück.
00:22:10: Das sind halt zwei verschiedene Welten, die da aufeinandertreffen.
00:22:13: Ich kann jetzt einfach nur für mich reden, ich bin aber auch in der Luxusposition, eben
00:22:17: dadurch, dass ich hohes Arbeitslosengeld bekomme, dadurch, dass ich geringe Fickkosten habe,
00:22:21: dadurch, dass ich sonst keine Verantwortung habe, meine einzige Verantwortung, das bin
00:22:24: irgendwie ich und der Hund.
00:22:25: Ja, fast das, was ich dann jetzt sage für viele, sehr wahrscheinlich eben nicht.
00:22:30: Ich kann nur für mich reden, man kriegt ein bisschen mehr, oder was heißt ein bisschen
00:22:34: mehr, man kriegt Lebensfreude zurück, man kriegt aber auch den Mut zurück, so hey,
00:22:38: eine Kündigung ist nicht das Ende der Welt und die Welt dreht sich trotzdem weiter und
00:22:41: es kann auch eine tolle Chance sein.
00:22:42: Ja, und in 9-to-5-Job wirst du wahrscheinlich nicht mehr zurück vermutlich, oder schon noch?
00:22:47: Vielleicht, wenn es mit der Selbstständigkeit klappt, dann habe ich keine andere Wahl,
00:22:51: vielleicht, ich habe ja mit 37 Grad nach dem Sinn des Lebens gesucht und da waren wir
00:22:55: auch in einem Alpenheim, weil für mich, wenn man mich fragen würde, was ist denn ein
00:22:58: Job, der irgendwie mit Sinn erfüllen würde und das sind für mich soziale Berufe, Altenpflege
00:23:03: oder Tierschutz, Umweltschutz, wo ich auch schon so dachte, ich glaube, tatsächlich
00:23:06: für die Branche, wo ich tätig war, bin ich glaube ich gar nicht mehr wettbewerbsfähig,
00:23:10: weil A, ich möchte 60.000 Euro haben, ich bin eine Frau Mitte 30, was ist, wenn die Kinder
00:23:15: bekommen und dann bin ich in der Branche die extrem viel, ja, sehr viel Konkurrenz hat,
00:23:20: ich meine, da stehen 20-Jährige in den Startlöchern, die sagen, ey, ich möchte einen Gehalt von
00:23:24: 36.000 Euro haben oder 32.000 Euro und das ist alles Learning by Doing in Marketing
00:23:29: bereicht.
00:23:30: Ich kann Erfahrungen vorweisen, toll, aber das Unternehmen wird sich denken, okay, geil,
00:23:33: hier, wir haben hier den Franz, der ist 24 und der will 32.000 Euro im Monat haben.
00:23:38: Ja, sorry, hier, die Nadine will 60.000 haben, die ist auch noch 34, mh, wissen wir nicht.
00:23:42: Also, ich glaube, und dann auch noch KI kommt auch noch in Fu, deswegen weiß ich gar nicht,
00:23:46: ob im nächsten Jahr meine Chancen in der Branche, wenn ich jetzt wirklich, ja, ob die gegeben
00:23:50: sind, die Chancen, ob ich dann vielleicht sogar gezwungen wäre, um zu schulen und was andere
00:23:54: zu machen.
00:23:55: Und ja, vielleicht ist dann die Altenpflege, weil das ist was, was mich tatsächlich mit
00:23:58: Sinn erfüllen würde.
00:24:00: Bis sie in die Selbstständigkeit gestartet, so viel kann man ja sagen, auf jeden Fall,
00:24:04: jetzt verdienst du dein Geld auch mit Social Media eben, mit den Videos, die du machst und
00:24:08: mit den Kooperationen, die du dachtest, kommst, du hast mal gesagt, eigentlich in einem Video
00:24:11: bist du eigentlich gar keine Person oder hast gedacht, du bist gar keine Person, die so auf
00:24:15: Selbstständigkeit aus ist.
00:24:16: Wie hast du dich dann doch drüber getraut oder was hat dich dann doch davon überzeugt,
00:24:19: dass es jetzt doch der richtige Weg ist?
00:24:21: Ich glaube einfach, der Schmiss ins kalte Wasser mit der Kündigung, so zweimal in Folge eine
00:24:26: ernigte Erfahrung mit einem Arbeitgeber, wo ich so dachte, jetzt muss doch ein Zeichen
00:24:29: sein, komm schon, so viel Pech kann man doch gar nicht haben und jetzt ändert doch mal
00:24:33: was.
00:24:34: Weil bei den Gedanken jetzt auf Jobseuge zu gehen und dann ab dem 1. Dezember dann wieder
00:24:38: in einem neuen Unternehmen zu sitzen, Onboarding, Verfahren, alles neu kennenlernen und so
00:24:41: weiter, da dachte ich mir bitte nicht einfach schon wieder von vorne, du machst jetzt einfach
00:24:45: mal was komplett anderes und dies ist jetzt als Chance.
00:24:48: Eines finde ich schon noch spannend, nämlich und zwar klassische Influencerinnen zeigen
00:24:52: ja eigentlich so Luxus und Hassel, aber du zeigst eigentlich Pausen und Alltag, also
00:24:57: ganzes anderes eigentlich, ist das wirklich finanziell tragfähig oder ist das jetzt nur
00:25:01: eine Zwischenstation für dich?
00:25:03: Ich glaube bei Instagram sind die Blogs ja sehr schnell sehr viral gegangen und ich bin
00:25:07: sehr schnell gewachsen und ich habe mir immer erklärt, es liegt genau daran, dass ich da
00:25:12: komplett rausspringe, dass ich eben nicht den Hassel zeige, nicht die tollen luxuriösen
00:25:16: Urlaube, nicht die tolle Markentasche, nicht irgendwie, sondern eben ganz normal authentisch
00:25:21: wie ein Leben aussieht und ich glaube das ist tatsächlich eher der Erfolg, ich glaube
00:25:26: ich wäre gar nicht so krass rausgesprungen auf dem ganzen Content, den es auf Instagram
00:25:31: gibt, hätte ich das genauso gemacht wie alle anderen, ich muss auch sagen es ist halt so
00:25:36: unauthentisch, niemand wacht irgendwie so top geschminkt und mit so schönen Haaren auf
00:25:41: beispielsweise woke up like this und ich freue mich immer wenn ich Leute sehe, die ja komplett
00:25:47: das Leben so zeigen wie es ist und das versuche ich auch, klar manchmal gleich auch die Haare
00:25:52: schön fürs Video, aber ich sehe das eher als, dass mir das dabei geholfen hat so schnell
00:25:59: zu wachsen, indem ich da irgendwie nicht was gefaked habe, was ich nicht bin oder da irgendwie
00:26:03: was schön arrangiert habe und so weiter und mit Kooperation hat es ja trotzdem geklappt
00:26:09: seit dem Monat, wo ich das Kleingewerbe oder das Gewerbe angemeldet habe und den Marken
00:26:13: ist ja auch wurscht, was für ein Hassel ich jetzt zeige, es muss ja irgendwie zur Marke
00:26:16: passen, so wenn die sehen, okay Nadine läuft gerne, lasst doch mal eine Kooperation laut
00:26:20: pur oder keine Ahnung was mit ihr machen, dann ist ja egal ob ich jetzt auf die maladiven
00:26:25: verreise oder ob ich nur in Berlin blitze.
00:26:28: Jan, jetzt vielleicht noch mal zum Abschluss, denkst du jetzt anders über Zeit, Geld oder
00:26:32: Arbeit nach?
00:26:33: Also jetzt durch den Unfall bin ich jeden Tag sehr, sehr traurig so gegen Ende des Tages,
00:26:41: weil es aktuell, kommen auch noch viele weitere Tage, die ich aktuell nicht so nutzen kann,
00:26:45: wie ich sie nutzen wollen würde, wo am Ende des Tages einem klar wird, jetzt ist ja wieder
00:26:49: ein Tag vergangen, der sich wie vergeutete Lebenszeit anfühlt, die ich einfach nicht zurückbekomme,
00:26:55: das ist so gerade das was mir beim Thema Zeit einfällt, ja aber sonst über Geld, das was
00:27:00: mir da einfällt so, hey bitte, lass die Selbstständigkeit erfolgreich sein und für mich wäre es
00:27:03: erfolgreich, wenn ich mit meiner Selbstständigkeit fürs erste das raus habe, was ich vorher
00:27:08: in Vollzeit verdient habe, das würde mich total freuen, das wäre für mich ein Erfolg.
00:27:12: Ja, ich war ja wie gesagt schon vorher, vorne rein so, dass ich mir den Sinn gestellt habe,
00:27:16: was machst du hier eigentlich, acht Stunden im Büro, dabei bin ich geblieben, so Wahnsinn,
00:27:21: dass du da zehn Jahre oder länger, dass du da saßst und erst jetzt was geändert hast,
00:27:25: obwohl du echt lange unzufrieden und unglücklich warst, ein bisschen schade, aber dafür habe
00:27:30: ich dann jetzt die Kündigung zumindest so genutzt, hat schon ein bisschen länger bei mir gedauert,
00:27:35: aber das auch nicht, ist bei mir oft so, ich brauche oft den Schubster von außen, dass
00:27:39: ich was ändere.
00:27:40: Fühlt sich jetzt deine Selbstständigkeit nach Arbeit an?
00:27:42: Nein, das ist das Schöne, der eigentlich ein Hobby, was ich zum Beruf hoffentlich machen
00:27:48: kann.
00:27:49: Vielen Dank, super, das waren doch eigentlich auch nette Abschlussworte.
00:27:53: Ich finde es spannend, wie du damit umgegangen bist, wie du mehr oder weniger aus vorsehen
00:27:58: den richtigen Zeitgeist, den Nerv getroffen hast, anscheinend durch deine Videos, die
00:28:02: auch sehr lustig sind und wie offen du dann auch damit umgegangen bist mit deinem Arbeitslosengeld
00:28:07: und deinem Leben, finde ich sehr, sehr schön, voll spannend, vielen Dank.
00:28:10: Vielen lieben Dank für die Einladung, tschüss.
00:28:12: Vielen Dank auch fürs Zuhören, wenn es euch gefallen hat, dann freuen wir uns, wenn ihr
00:28:17: uns weiter empfindet, gebt uns auch gerne eine gute Bewertung auf Spotify, Apple Podcasts
00:28:21: oder wo auch immer ihr Podcast hört, Feedback und Fragen gerne an Podcast@derStandard.at.
00:28:26: Wir freuen uns immer.
00:28:27: Diese Folge wurde produziert von Christoph Neuwirt, ich bin Natascha Ickert und sag tschüss,
00:28:32: bis zum nächsten Mal, tschau tschau.